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Ambidextrie – die Kunst der beidhändigen Organisation

Ein Beitrag von Herbert Gölzner ( neu bei Komunariko 2025)  

Zwischen Stabilität und Wandel

Organisationen stehen zunehmend im Spannungsfeld zwischen Stabilität und Wandel. Einerseits braucht es Strukturen, Prozesse und Effizienz, um das Tagesgeschäft zuverlässig zu steuern. Andererseits verlangen komplexe Umfelder nach Agilität, Innovationskraft und Mut zum Experiment. Genau hier setzt das Konzept der Ambidextrie – also der „Beidhändigkeit“ von Organisationen und Führung – an.

Die Balance von Exploration und Exploitation

Ambidextere Organisationen vereinen Exploration (Neues ausprobieren, Risiken eingehen, kreativ sein) und Exploitation (Bestehendes optimieren, Prozesse stabilisieren, Effizienz sichern). Die Herausforderung liegt darin, diese scheinbaren Gegensätze nicht als Widerspruch, sondern als produktive Spannung zu gestalten.

Unterschiedliche Anforderungen im Unternehmen

Forschung und Entwicklung, Marketing oder Vertrieb profitieren von agilen Strukturen; Produktion, IT oder Finanzwesen verlangen eher nach Effizienz und Standardisierung. Doch selten ist die Trennung so klar – viele Bereiche liegen dazwischen. Gerade hier zeigt sich, ob Organisationen beidhändig agieren können: flexibel und strukturiert zugleich.

Führung im Zeichen der Beidhändigkeit

Ambidextrie fordert auch die Führung: Sie verlangt die Fähigkeit, je nach Situation zwischen unterschiedlichen Rollen zu wechseln – als Leader, Manager, Vernetzer oder Befähiger. Grundlage ist ein flexibles Mindset, das Neugier, Reflexion und Balance ermöglicht.

Erfolgsfaktoren beidhändiger Organisationen

Wesentliche Erfolgsfaktoren sind Transparenz, Dialog und ein gemeinsames Zielbild, das Orientierung gibt. Ambidextrie lebt vom Miteinander zweier Kulturen – Effizienz und Agilität – und davon, sie gleichwertig zu schätzen.

Ambidextrie als Zukunftskompetenz

So verstanden, ist Ambidextrie kein theoretisches Konzept, sondern eine Überlebensfähigkeit im Wandel – und damit eine Kernkompetenz moderner Organisationen.

Ansätze für ambidextre Führung

1. Situationsgerechtes Verhalten („Opening vs. Closing“)

  • Öffnende (opening) Führungs­haltungen fördern Kreativität, ausprobieren, Fehler-Toleranz, Mut zur Unsicherheit.
  • Schliessende (closing) Führungs­haltungen legen Fokus auf Ziele, Regeln, Prozesse, Kontrolle und Umsetzung.
  • Die wirksamsten Führungsformate wechseln flexibel zwischen diesen Modi, je nach Phase (Ideengenerierung vs. Ideeumsetzung), Team, Auftrag und Umfeld.

2. Rollenvielfalt & Führungsbalance

  • Ambidextrie erfordert, dass Führungskräfte sowohl Visionärinnen und Ermöglicherinnen sind als auch Strukturgeberinnen und Qualitätswächterinnen.
  • In manchen Momenten lenkt man stärker, in anderen gibt man mehr los (Delegation, Selbstorganisation).
  • Transformational-Stile (Inspiration, Risiko, Empowerment) sind besonders wirksam bei explorativen Vorhaben; eher transactionale Elemente (Monitoring, Kontrollen, Klarheit) bei standardisierten Abläufen.

3. Bewusstes Spannungsmanagement

  • Führungskräfte müssen die Spannung zwischen „Exploration“ und „Exploitation“ nicht eliminieren, sondern als produktive Spannung gestalten und managen.
  • Dafür ist ein offener Dialog wichtig: Mitarbeitende müssen verstehen, warum beispielsweise Freiräume für Innovation nötig sind und zugleich Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Effizienz bestehen.

4. Organisationale Rahmenbedingungen schaffen

  • Förderung von Experimentierfeldern oder Pilotprojekten, abseits des Tagesgeschäfts.
  • Mechanismen zur Leistungserfassung und Feedback sowohl für Innovativeinsätze als auch für Effizienz/Mengenleistung.
  • Cross-funktionale Vernetzung und Kommunikation, damit Innovation nicht in Silos bleibt, sondern Anschluss an Umsetzung findet.
  • Bewusstsein schaffen, dass der Fokus je nach Umfeld und Phase unterschiedlich gewichtet werden muss — nicht “entweder oder”, sondern „beides zugleich, situationsabhängig“.

Neu bei komunariko

Herbert Gölzner

Herbert Gölzner verbindet seit über zwei Jahrzehnten Wissenschaft und Praxis. An der FH Salzburg hat er den Fachbereich People & Organization Development maßgeblich aufgebaut und geprägt. In Forschung, Lehre und Beratung beschäftigt er sich intensiv mit der Frage, wie Organisationen in komplexen Umfeldern lern- und entwicklungsfähig bleiben – mit Fokus auf Führung, Organisationsentwicklung und Personalmanagement im agilen und digitalen Kontext. Einen Einblick in seine Arbeit dazu bietet sein Beitrag zur Ambidextren Organisation und Führung in der Zeitschrift Personalführung, den wir oben im Artikel beleuchtet haben.

„Organisationen stehen heute mehr denn je vor der Herausforderung, Wandel nicht nur zu bewältigen, sondern aktiv zu gestalten“, so Gölzner.

„Ich freue mich, meine Erfahrung und Leidenschaft für Organisationsentwicklung bei komunariko einzubringen – in einem Team, das systemisches Denken, kommunikative Stärke und partnerschaftliche Zusammenarbeit auf höchstem Niveau verbindet.“ 

Wir freuen uns Herbert Gölzner bei uns im Team begrüßen zu dürfen! Seine wissenschaftliche Expertise und jahrzehntelange Praxiserfahrung sind ein wertvoller Gewinn für unsere Arbeit mit Führungskräften, Teams und Organisationen.

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